"Guten Tag meine Damen und Herren, ich bin Bruno Backstein. Ich möchte Sie mitnehmen auf eine Zeitreise in die Vergangenheit von Wismar. Folgen Sie mir in das Jahr 1310 und sehen Sie, wie eine der größten und schönsten Backsteinkathedralen gebaut wurde.", so lautet es wenn Bruno Backstein seine Zuschauer im 3D-Film begrüßt.
Eigentlich schade, dass Sie diese Kirche nur im 3D-Film sehen können.
Einen kleinen Einblick erhalten Sie in der Bildergalerie:
Guten Tag meine Damen und Herren, ich bin Bruno Backstein. Ich möchte Sie mitnehmen auf eine Zeitreise in die Vergangenheit von Wismar. Folgen Sie mir in das Jahr 1310 und sehen Sie, wie eine der größten und schönsten Backsteinkathedralen gebaut wurde.
Große Kirchen hatten meist einen Vorgängerbau. Im Falle von Wismar war es eine Hallenkirche, die nun, da die Stadt zu Reichtum gekommen war, zu einer imposanten Basilika vergrößert werden sollte.
Um weiter Gottesdienst halten zu können, brach man zunächst nur den Chor ab, verschloss den östlichen Verbindungsbogen mit einer provisorischen Wand und konnte das Hallenlanghaus so weiterhin für den Gottesdienst benutzen.
Nun konnte mit dem eigentlichen Neubau begonnen werden. Als erstes wurde das Gelände planiert und mit Lehm geglättet. Anschließend bestimmte man auf der geglätteten Fläche die Mittelachse der neuen Kirche. Nach mittelalterlichem Brauch musste sie nach Osten ausgerichtet sein. Man schlug im Westen einen Pflock in den Boden, an dem ein langes Seil befestigt war. Dann wartete man auf den Sonnenaufgang am 08. September.
Dies ist der Geburtstag der Patronin Maria. Anhand des Schattens wurde dann der 2. Pflock eingeschlagen.
In den geglätteten Lehmboden wurde anschließend mit Hilfe großer Schnurzirkel der Grundriss konstruiert und eingeritzt. Den gesamten Grundriss stimmte der Baumeister einzig und allein anhand seiner Erfahrungen ab. Diese Erfahrung basierte auf dem Wissen vergangener Generationen und seinen Wanderungen durch Frankreich und Deutschland. Die Gesetze der Statik waren damals ja noch gänzlich unbekannt, was bei der Größe der Bauwerke beachtlich ist. Entlang dieser Linien wurden die Gräben für die Fundamente ausgehoben.
Bei schlechtem Baugrund wurden zunächst lange Pfähle in den Boden gerammt. Dadurch wurde der Boden so fest, dass er die ungeheure Last der Kirche tragen konnte. Die Rampe war eine einfache Konstruktion, bei der ein Gewicht von Menschenkraft hochgezogen und fallen gelassen wurde. Auf diese Pfahlgründung wurden große Granitsteine gelegt die verhindern sollten, dass allzu viel Bodenfeuchtigkeit in das Mauerwerk aufsteigen konnte. Dieses Steinfundament war breiter als das später darauf aufsetzende Mauerwerk, um den immensen Druck der Baumasse besser zu verteilen. Ein Verfahren, das schon von den alten Römern benutzt wurde.
Und jetzt komme ich ins Spiel:
Bevor man mit dem Mauern beginnen konnte, mussten natürlich erst die Backsteine hergestellt werden. Eine Ziegelei hatte man in Wismar bald nach der Gründung der Stadt zum Bau der Nikolaikirche angelegt. Und genau dahin gehen wir jetzt.
Dort, wo man den besten Lehm fand, baute man ihn ab und verarbeitete ihn auch gleich. Der von Unreinheiten befreite Lehm wurde in eine oben und unten offene Form gedrückt und glatt gestrichen. Daher auch der Name Handstrichstein.
Die getrockneten Rohziegel nennt man Rohlinge.
Diese rohen Lehmklumpen nennt man Grünlinge. Ist er nicht süß? Er muss jetzt ins Regal zum Trocknen.Für die Verzierung der Kirche benötigte man Formsteine in verschiedenen Variationen. Dafür wurden entsprechende Holzprofile in den Rahmen genagelt, so dass sich der gewünschte Formstein ergab.
Diese wurden zum Brennen in den Öfen aufgeschichtet. Dann wurde Holz hinein gefüllt und der Eingang zugemauert. Nun entzündete man das Holz und brannte die Ziegel über mehrere Tage. Durch eine Öffnung konnte von oben ständig neues Holz nachgelegt werden. Zur Verschönerung wurden viele Steine nachträglich glasiert und erneut gebrannt.
Mit Pferde- und Ochsenkarren brachte man die fertigen Backsteine zur Baustelle und schichtete sie sorgfältig auf, damit sie nicht beschädigt wurden und leicht verbaut werden konnten. Beim Hochziehen der Mauer wurden in regelmäßigen Abständen Backsteine mit der Längsseite nach innen verlegt.
Diese Verzahnung gibt dem Mauerwerk mehr Festigkeit und wird Läufer- und Bindersystem genannt. Der längs liegende Backstein heißt Binder, da er die Reihen verbindet. Die anderen Steine nennt man Läufer, weil ihre Längsseiten parallel zur Außenseite des Mauerwerks verlaufen.
Wendischen Verband
Beim sogenannten Wendischen Verband gibt es einen gleichmäßigen Wechsel von Läufer und Binder, beim Gotischen Verband gibt es je zwei Läufer und einen Binder.
Obwohl die einzelnen Backsteine nicht exakt die gleiche Größe hatten, wie dies heute der Fall ist, wurde mit dem Mörtel aus Muschelkalk und Sand dennoch so präzise gearbeitet, dass zehn Backsteinschichten ziemlich genau einem heutigen Meter entsprechen. Um die Mauer genau senkrecht errichten zu können wurde ein Richtscheit anstelle der heutigen Wasserwaage verwendet.
Äh, jetzt hat der mich doch glatt eingemauert, aber das ist nicht schlimm, denn das Loch brauchen wir für die Steckgerüste.
In diese Löcher wurden Balken gesteckt. Darauf legte man dann die Bohlen und fertig war das Steckgerüst. So brauchte man viel weniger Holz, denn das war knapp. Allein für den Dachstuhl und das Brennen der Backsteine mussten ganze Wälder abgeholzt werden. Das war auch einer der Gründe, warum der Bau von Kathedralen am Anfang des 16. Jahrhunderts zum Erliegen kam.
Die Löcher der Steckgerüste konnte man aber nicht wieder verschließen, weshalb man sie noch heute fast überall an den mittelalterlichen Becksteinbauten sehen kann. Achten Sie doch mal darauf.
Zu dem Bau freistehender Pfeiler und schlanker Seitentürme musste man allerdings vom Boden aus Gerüste bauen.
Für den Aufstieg zur Mauer, wie auch zum Transport von Backsteinen und Mörtel verwendete man in den unteren Bereichen Leitern und auch die gleichzeitig mit hochgezogenen Wendeltreppen und vor allen Dingen Tretkräne.
Nachdem der Chor fertig gestellt war zog die Gemeinde in diesen um. Nun konnte mit dem Neubau des Langhauses begonnen werden. Mit dem Errichten des neuen Langhauses wurde das alte Stück für Stück abgerissen.
Die alten Backsteine wurden so, ohne große Zwischenlager wiederverwendet. Das Mittelschiff des neuen Langhauses wurde mehr als doppelt so hoch wie das alte. Bevor gewölbt werden konnte, wurde zuerst der Dachstuhl errichtet, damit die Gewölbe vor Regen geschützt waren. Dies geschah zunächst am Boden.
Dabei wurden die Balken so probeweise zusammengesetzt, wie sie später verzimmert werden sollten. Wenn alles passte wurden die Balken Stück für Stück mit dem Tretkran hochgezogen und mit Holznägeln zusammengefügt. Dann wurden die Latten auf die Sparren genagelt und die Dachhaut aufgebracht. Für die Einwölbung jedes einzelnen Joches baute man als erstes ein hölzernes Lehrgerüst für die Rippen ein. Auf dieses wurden dann mit Formsteinen die Rippen gemauert und mit dem Schlussstein stabilisiert und gesichert.
Nun wölbte man freihändig ohne Schalung je vier Kappen der Joche. Mit einem Kalkmörtel wurde so rasch gearbeitet, dass die Steinschichten sich gegenseitig als Bögen abstützten.
Nach Vollendung des Rohbaues wurden die Glasfenster eingesetzt und die Wände innen mit weißem und rotem Kalk geschlämmt. Etwa 1370, nach über sechzig Jahren Bauzeit war der Umbau der Hallenkirche in die prächtige Basilika beendet. Diese wurde in einer eindrucksvollen Zeremonie geweiht. Mit den seitlichen Anbauten und der Erhöhung des Turmes war man aber noch bis ungefähr 1440 beschäftigt.
Leider wurde die im 2. Weltkrieg beschädigte Kirche 1960 auf Veranlassung der DDR-Regierung gesprengt. Übrig blieb nur der Turm.