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Vorlage - BA/2014/0882-01  

Betreff: Beantwortung zur 2. Anfrage, 54. Sitzung am 27.03.2014

Indach-Solaranlagen und Gestaltungssatzung
Status:öffentlichVorlage-Art:Bericht/Antwort gem. KV M-V
Verfasser/-in:Günter, ThorstenBezüglich:
BA/2014/0882
Beteiligt:I Bürgermeister   
 1 Büro der Bürgerschaft  
Beratungsfolge:

BERICHT/ANTWORT:

 

1. Frage:

 

Warum wird bei diesem, hinsichtlich Umweltschutz und Denkmalschutz vorbildlichen Neubauvorhaben die Abweichung zu § 6 (Dächer) abgelehnt, obwohl die Dachflächen von den Kirchtürmen überhaupt nicht und von der Straße praktisch auch nicht einsehbar sind?

 

Antwort:

Das Dach eines Gebäudes einschließlich der Dachform und seiner Eindeckung tragen wesentlich zur Prägung der Dachlandschaft bei. Daher wurde zum Schutz und zur zukünftigen Gestaltung des Stadtbildes der Altstadt von Wismar die örtliche Bauvorschrift Gestaltungssatzung Altstadt Wismarerlassen. Die Satzung enthält Anforderungen an die äußere Gestaltung von Gebäuden und baulichen Anlagen, um die geschichtliche, städtebauliche und architektonische Eigenart des Stadtbildes zu sichern und zu fördern. Somit ist es von öffentlichem Interesse, wenn die Anforderungen aus der Gestaltungssatzung bei baulichen Maßnahmen eingehalten bzw. umgesetzt werden. Dieses städtebauliche Ziel ist um so bedeutender, da seit Sommer 2002 die Altstadt der Hansestadt Wismar gemeinsam mit der Altstadt der Hansestadt Stralsund als stadtgeschichtliches Denkmal des Mittelalters in die Welterbeliste der UNESCO aufgenommen wurde. Das bedeutet, dass die Erhaltung auch eine Pflichtaufgabe für den Schutz des Stadtdenkmals ist.

Die nähere Umgebung der zur Bebauung vorgesehenen Grundstücke Hinter dem Chor 10 und 12 wird durch Gebäude mit roten Steildachflächen und zum Teil anthrazitfarbene Flachdachflächen geprägt. Rote Steildächer sind prägend und typisch für das Stadtbild. Die im Gebiet vorhandene rote Dacheindeckung hat somit eine städtebaulich prägende Dimension, die es gilt, nach § 172 BauGB zu erhalten. Die giebelständigen Neubauten auf den Grundstücken Hinter dem Chor 10 und 12 sollen laut Planung jeweils ein steiles symmetrisches Satteldach erhalten. Für ein symmetrisches Satteldach ist es typisch, dass beiden Dachflächen die gleiche Art der Eindeckung haben. Dies berücksichtigt der § 6 Abs. 3 der Gestaltungssatzung.

 

Der Antrag zur Bebauung sieht dagegen vor, die beiden nach Süden gerichteten Dachflächen vollständig mit Photovoltaik- und Solarthermiemodulen zu belegen. Folglich würden die südlichen Dachflächen aus rotbraunen und anthrazitfarbenen Photovoltaik- und Solarthermiemodulen (allgemein Solaranlagen), die nördlichen Dachflächen dagegen mit der für die Altstadt typischen roten Ziegeleindeckung versehen werden. Somit würde eine zweigeteilte“  Dacheindeckung entstehen, die für ein klassisches symmetrisches Satteldach untypisch und für die Wismarer Altstadt auch nicht belegt ist.

 

Das der Anfrage beiliegende Bild 2 zeigt nur die perspektivische Ansicht von Norden mit den nördlichen Dachflächen, welche nicht mit Photovoltaik- und Solarthermiemodulen belegt werden und somit unstrittig sind. Die Ansicht der Südseite bzw. die perspektivische Darstellung der südlichen Dachlandschaft, auf deren Seite sich die Solaranlagen befinden würden, wurde trotz Nachforderungen vom Antragsteller bisher nicht vorgelegt.

 

Gemäß der 1. Fortschreibung des Managementplans Welterbe Altstadt Wismar und der 2. Fortschreibung des ISEK-Teilkonzept Altstadt/Rahmenplan Altstadt vom 26.09.2013 (Beschlussvorlage VO/2013/0745) kann eine Solaranlage im Einzelfall nur zugelassen werden, wenn die Anlage folgende Voraussetzungen erfüllt:

a)      Anordnung auf der vom öffentlichen Straßenraum abgewandten Seite, so dass sie weder vom öffentlichen Straßenraum noch von den touristisch besuchten Kirchtürmen der Stadt sichtbar sind

b)     nicht aufgeständert sind

c)      die Farbe der Dachdeckung aufnehmen

d)     gestalterische und harmonische Einfügung in die bestehende Architektur

Auf untergeordneten Nebengebäuden im Hofbereich, wäre eine Aufständerung und abweichende Farbe möglich, sofern Punkt a) erfüllt wird.

Sofern ein Punkt nicht erfüllt werden kann, kann eine Genehmigung nicht erteilt werden. 

 

Die Solaranlagen stellen bezüglich ihrer Oberflächen, der Struktur und der Farbigkeit von den traditionellen Dachdeckungsmaterialien (Ziegel, Pappe) abweichende Deckung dar, was gemäß den o. g. Punkten des Managementplanes eine Abweichung darstellt. Diese Wirkung wird insbesondere durch die glatte und homogene Oberfläche, die mehr oder weniger spiegelnde Wirkung, die Eigenfarbigkeit und die optische Wirkung der dunkel hinterlegten Glasfläche als auch durch die silbrige Innenstruktur der Solaranlagen verstärkt. Es entstehen zudem neue harte geometrische Kanten als auch Flächen, welche in der geplanten Dimension bisher beispiellos in der Altstadt wären.

 

Ebenfalls wird eine Einsehbarkeit vom öffentlichen Straßenraum aus gegeben sein, welches ebenfalls eine Abweichung zum Managementplan darstellt.

 

Der Sachverständigenbeirat hat sich in seiner Sitzung am 23.09.2013 letztmalig mit dem Bauvorhaben befasst. Mit der Fassadengestaltung hat sich der Sachverständigenbeirat einverstanden erklärt. Jedoch wird die vollständige Nutzung und Überformung der nach Süden ausgerichteten Dachflächen mit Solarthermie- und Photovoltaik-Anlagen dagegen nicht befürwortet. Der Sachverständigenbeirat betont, dass in den Welterbe-Altstädten die Dachlandschaft die fünfte Fassade darstellt und von anderen Dachgeschossen, Kirchtürmen und aus der Luft einsehbar ist. Außerdem gibt der Beirat zu bedenken, dass sich Gebäude innerhalb einer Welterbe-Altstadt nicht als Modellvorhaben in Bezug auf außen angebrachte Solarthermie- und Photovoltaik-Anlagen eignen. Hier sind neue Produktentwicklungen von Wissenschaft und Industrie abzuwarten, welche sich strukturell und stofflich besser in Denkmalbereiche einfügen.

 

 

 

2. Frage:

 

Warum wird dagegen eine Ausnahme von der Gestaltungssatzung in anderen, von allen Seiten einsehbaren Dächern (z.B. Neubau Hotel New-Orleans) erlaubt?

 

Antwort:

 

Das Bauvorhaben Neubau Hotel New Orleanswurde vom vormaligen Sachverständigenbeirat in der Sitzung am 26.03.2007 bewertet. Im Hinblick auf die Materialität der Dachdeckung hat der Sachverständigenbeirat empfohlen, die geplante metallene Abdeckung weiterzuverfolgen.

Die Wahl des Materials und die Farbgebung wurden intensiv diskutiert.

 

Dem Abweichungsantrag zur Gestaltungssatzung wurde im Ergebnis der Empfehlungen des Sachverständigenbeirates von der Verwaltung zugestimmt.

 

3. Frage:

 

Warum unterstellt das Bauamt einem einmaligen Modellvorhaben eine negative Vorbildwirkung und worin soll die bestehen? Warum hatte das Bauamt beim weißgrauen Blechdach des Hotels „New Orleans“ keine negative Vorbildwirkung angenommen?

Antwort:

 

Das Modellvorhaben wird nicht grundsätzlich in Frage gestellt. Das Modellvorhaben kann jedoch nicht für alle Gebäude/Grundstücke in der Altstadt gelten, da dies auf Grund der vorgeprägten Struktur der Bebauung nicht umsetzbar erscheint. Auch kann der Forschungsansatz bzw. der Modellcharakter einem Laien gegenüber nicht begründet werden, warum im vorliegenden Fall dies sein muss. Ebenfalls kann nicht ausgeschlossen werden, dass dem Modellvorhaben weitere Anträge dieser Art folgen können.

 

Die negative Vorbildwirkung beruht insbesondere auf der Art der untypischen Dacheindeckung der südlichen Dachflächen als auch der dadurch entstehenden zweigeteilten“  Ausbildung und Eindeckung eines symmetrischen Satteldaches, was im Altstadtbereich untypisch ist.

 

Wie bereits ausgeführt, basiert der Beschluss zur Eindeckung auf eine Entscheidung des damaligen Sachverständigenbeirates, der die Verwaltung gefolgt ist. Ob der heutige Beirat gleich entscheiden würde, kann nicht beurteilt werden.

 

 

 


Anlage/n:

keine

 

Stammbaum:
BA/2014/0882   2. Anfrage, 54. Sitzung am 27.03.2014 Indach-Solaranlagen und Gestaltungssatzung   Fraktion FDP/GRÜNE   Bericht/Antwort gem. KV M-V
BA/2014/0882-01   Beantwortung zur 2. Anfrage, 54. Sitzung am 27.03.2014 Indach-Solaranlagen und Gestaltungssatzung   60.3 Abt. Sanierung und Denkmalschutz   Bericht/Antwort gem. KV M-V