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Vorlage - VO/2017/2209-01  

Betreff: Klage gegen Kreisumlagebescheid 2016
Status:öffentlichVorlage-Art:Beschlussvorlage öffentlich
Verfasser/-in:1. Gerber, Frederike
2. Dr. Fanger, Henrik
Beteiligt:I Bürgermeister   
 III Senatorin  
 10 AMT FÜR HOCHBAU, SERVICE und LIEGENSCHAFTEN  
 20.4 Abt. Geschäftsbuchhaltung  
 1 Büro der Bürgerschaft  
Beratungsfolge:
Bürgerschaft der Hansestadt Wismar Entscheidung
28.09.2017 
Sitzung der Bürgerschaft der Hansestadt Wismar abgelehnt   
Anlagen:
Anlage 1 - Widerspruchsbescheid Kreisumlage 2016  

Beschlussvorschlag:

Die Bürgerschaft der Hansestadt Wismar beschließt,

 

A)

den Bürgermeister zu beauftragen, gegen den Kreisumlagebescheid 2016 vom 15.07.2016 in Form des Widerspruchsbescheides der Landrätin des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 07.09.2017 fristwahrend Klage zu erheben

 

oder

 

B)

gegen den Kreisumlagebescheid 2016 vom 15.07.2016 in Form des Widerspruchsbescheides der Landrätin des Landkreises Nordwestmecklenburg vom 07.09.2017 keine Klage zu erheben und den Kreisumlagebescheid 2016 damit bestandskräftig werden zu lassen.


Begründung:

Mit VO/2017/2209 beauftragte der Hauptausschuss der Hansestadt Wismar den Bürgermeister, gegen den Kreisumlagebescheid 2016 fristwahrend Widerspruch zu erheben und zu beantragen, das Verfahren bis zu einer Entscheidung des Oberverwaltungsgerichts Mecklenburg-Vorpommern in Sachen Perlin ./. Landrätin des Landkreises Nordwestmecklenburg ruhen zu lassen. Auf die Ausführungen in o.g. Vorlage wird Bezug genommen.

 

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.09.2017, zugegangen am 08.09.2017, (Anlage 1) wurde der  Widerspruch als verfristet und verwirkt zurückgewiesen. Auf den Antrag, das Widerspruchsverfahren ruhen zu lassen, ist die Landrätin nicht eingegangen. Daher ist nun binnen Monatsfrist, in diesem Fall bis zum 09. Oktober 2017, zu entscheiden, ob Klage erhoben werden soll.

 

Hierzu wäre bei einem Streitwert von 14.873.393,27 (= Höhe der festgesetzten Kreisumlage) ein Gerichtskostenvorschuss von 166.128,00 einzuzahlen.

 

Zu den Prozessaussichten:

Zunächst muss klargestellt werden, dass ein hohes Prozessrisiko nicht von der Hand zu weisen ist.

 

Die Klage müsste zulässig sein. Zur Zulässigkeit gehört ein ordnungsgemäß durchgeführtes Vorverfahren.

Im Widerspruchsbescheid wird davon ausgegangen, der Widerspruch sei 1. verfristet und 2. verwirkt. Sollte das Gericht der Ansicht der Landrätin folgen, dass der Widerspruch verfristet oder verwirkt war, ist die Klage bereits unzulässig.

 

Zu 1.

Der Landkreis vertritt die Auffassung, dass die Rechtsbehelfsbelehrung nicht unrichtig gewesen sei und daher die Monatsfrist für die Einlegung des Widerspruchs gegolten habe. Ein Zugang für den elektronischen Dokumenteneingang sei nicht eröffnet; dazu sei der Landkreis auch nicht verpflichtet.

Gem. § 2 Abs. 1 EGovG vom 25.07.2013 i.V.m. § 2 Abs.1 EGovG M-V vom 26.04.2016 ist jedoch jede Behörde - wenn sie Bundesrecht ausführt seit dem 1.7.2014, wenn sie ausschließlich Landesrecht ausführt seit Inkrafttreten des Landesgesetzes - verpflichtet, mindestens einen Zugang für die Übermittlung von Dokumenten in elektronischer Form, auch soweit sie mit einer qualifizierten elektronischen Signatur versehen sind, zu eröffnen. Nach § 1 Abs. 1 EGovG und § 1 Abs. 1 EGovG M-V gilt dies auch für die Landkreise.

Die Eröffnung erfolgt gem. § 3a VwVfG M-V durch Bekanntmachung, sie kann aber auch durch konkludentes Handeln durch Angabe einer E-Mail-Adresse im Briefkopf oder auf der Homepage erfolgen.

Somit dürfte die Rechtsbehelfsbelehrung unrichtig gewesen sein. Auf einen tatsächlichen Irrtum beim Empfänger über die Möglichkeiten der Widerspruchseinlegung kommt es dann nicht mehr an.

 

Zu 2.

Weiterhin nimmt der Landkreis an, der Widerspruch sei verwirkt.

Der Bürgermeister setze sich zudem mit der Einlegung des Widerspruchs zu früherem Verhalten in Widerspruch und handle daher rechtsmissbräuchlich.

Für die Verwirkung ist jedoch immer ein Zeitmoment und ein Umstandsmoment darzulegen: Seit der Möglichkeit, das Recht geltend zu machen, müsste ein längerer Zeitraum verstrichen sein und der Empfänger einer entsprechenden Erklärung hätte sich darauf einstellen dürfen, der Berechtigte werde aufgrund des geschaffenen Vertrauenstatbestandes sein Recht nicht mehr geltend machen.

Hiervon kann man bei einer Widerspruchseinlegung während der laufenden Widerspruchsfrist nicht ausgehen. Weder wird man bei der Zeitspanne von weniger als einem Jahr vom Ablauf eines längeren Zeitraumessprechen können, noch hat der Landkreis darauf vertrauen dürfen, man werde von seinem Recht keinen Gebrauch mehr machen.

Auch das Argument des rechtsmissbräuchlichen widersprüchlichen Verhaltens ist aus Sicht der Verwaltung zurückzuweisen. Zum Einen wurde die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Schwerin zur Kreisumlage 2013 erst Ende des Jahres 2016 bekannt. Erst ab diesem Zeitpunkt konnte der Bürgermeister prüfen, ob die dortige Rechtsprechung auch auf den Kreisumlagebescheid 2016 anwendbar ist. Nach erfolgter Prüfung wurde im April 2017 der Hauptausschuss beteiligt und eine Entscheidung zur Widerspruchseinlegung eingeholt. Der Landkreis wurde damals frühzeitig kollegial über das Vorgehen informiert. Zum Anderen gibt es kein Verhalten, an welchem der Landkreis die Widersprüchlichkeit festmachen könnte. Die Kreisumlage wurde nicht gezahlt, sondern vielmehr vom Landkreis mit Zuwendungen aus dem Kommunalen Finanzausgleich verrechnet und einbehalten. Dieses Duldenkann nicht dazu führen, dass der Bürgermeister mit Rechtsbehelfen gegen den Bescheid ausgeschlossen ist. Ein Verhaltenkann damit erst in der Widerspruchseinlegung gesehen werden.

 

Ist die Klage zulässig, müsste für die Begründetheit die Rechtsgrundlage für den Kreisumlagebescheid, § 5 der Haushaltssatzung 2016 des Landkreises, nichtig sein. Die Klage würde sich auf die Annahme stützen, dass die Haushaltssatzung 2016 an den selben Verfahrensmängeln leidet, wie die Haushaltssatzung 2013, welche im Perliner Urteil erfolgreich angefochten worden ist. Dies wird von der Verwaltung an der Tatsache festgemacht, dass auch im Jahr 2016 im Vorwege der Beschlussfassung über die Haushaltssatzung nicht alle Finanzdaten abgefragt worden sind, die für eine Abwägung der Kreistagsmitglieder über die Höhe des Kreisumlagesatzes nötig gewesen wären.

 

Fazit:

Wenn also die Hürde der Zulässigkeit der Klage genommen werden könnte, wäre nach Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Schwerin, die derzeit in zweiter Instanz überprüft wird,  wegen der Vergleichbarkeit der Sachlage (Verfahren zum Zustandekommen des Beschlusses über die Haushaltssatzung 2013 = Verfahren zum Zustandekommen des Beschlusses über die Haushaltssatzung 2016) der Bescheid als materiell rechtswidrig einzustufen.

 

Offen ist jedoch, ob die Rechtsprechung des Verwaltungsgerichts Schwerin vom Oberverwaltungsgericht Mecklenburg-Vorpommern aufrecht erhalten wird. Hier ist ein Verhandlungstermin am 11. Oktober 2017 angesetzt. Für den Fall, dass das Oberverwaltungsgericht das Urteil des Verwaltungsgerichts Schwerin kippt, wäre auch der Klage der Hansestadt Wismar der Grund entzogen. Es bliebe nur die Möglichkeit der Klagerücknahme.

 

Das Gesamtkostenrisiko in der I. Instanz stellt sich wie folgt dar:

Gerichtskosten 3,0 Gebühr166.128,00

 

Bei einer Klagerücknahme würde sich die Gerichtsgebühr auf eine 1,0 Gebühr reduzieren, was einem Betrag von 55.376,00 entspräche. Dieser wäre dann in jedem Fall von der Hansestadt Wismar zu tragen.

 

Vor den Verwaltungsgerichten besteht keine Anwaltspflicht, sodass Rechtsanwaltskosten nur entstehen, wenn eine oder beide Parteien sich durch Anwälte vertreten lassen wollen.

Rechtsanwaltskosten pro Partei (fakultativ)138.102,48

Gesamt (bei Vertretung beider Parteien durch RA, fakultativ)442.332,96

Für den Landkreis bestünde die Möglichkeit, auch im Falle des Unterliegens im Rechtsstreit, eine neue, rechtmäßige Haushaltssatzung 2016 zu erlassen und damit nachträglich eine Rechtsgrundlage für die Erhebung der Kreisumlage zu schaffen. Möglicherweise ergäbe sich ein Kreisumlagesatz in gleicher Höhe. Nach Ansicht des VG Schwerin und der Verwaltung dürfte sich aber aufgrund einer Abfrage der Finanzdaten der kreisangehörigen Gemeinden ein geringerer Kreisumlagesatz ergeben. Der neu erlassene Kreisumlagebescheid könnte wiederum mit Rechtsbehelfen angegriffen werden.


Finanzielle Auswirkungen (Alle Beträge in Euro):

 

Durch die Umsetzung des vorgeschlagenen Beschlusses entstehen voraussichtlich folgende finanzielle Auswirkungen auf den Haushalt:

 

 

Keine finanziellen Auswirkungen

x

Finanzielle Auswirkungen gem. Ziffern 1 - 3

 

1. Finanzielle Auswirkungen für das laufende Haushaltsjahr

Ergebnishaushalt

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Ertrag in Höhe von

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

11901.5625300/02

Aufwand in Höhe von

166.128,00

 

Finanzhaushalt

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Einzahlung in Höhe von

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

11901.7625300/02

Auszahlung in Höhe von

166.128,00

 

Deckung

 

 

Deckungsmittel stehen nicht zur Verfügung

x

Die Deckung ist/wird wie folgt gesichert: Es wird versucht, im Deckungskreis des THH 2 die Deckung zu erreichen.

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Ertrag in Höhe von

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Aufwand in Höhe von

 

 

Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen für das laufende Haushaltsjahr (bei Bedarf):

Je nach Prozessausgang könnten Kosten bis zu 442.332,96 (fakultativ) entstehen. Da ein möglicher Rechtsstreit vermutlich erst im Jahr 2018 entschieden würde, wäre im Haushaltsjahr 2017 nur der Gerichtskostenvorschuss aufzubringen.

 

2. Finanzielle Auswirkungen für das Folgejahr / für Folgejahre

Ergebnishaushalt

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Ertrag in Höhe von

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

11901.5625300/02

Aufwand in Höhe von

Ggf. 276.204,96

 

Finanzhaushalt

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Einzahlung in Höhe von

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

11901.7625300/02

Auszahlung in Höhe von

Ggf. 276.204,96

 

Deckung

 

 

Deckungsmittel stehen nicht zur Verfügung

x

Die Deckung wird wie folgt gesichert: Es wird versucht, im Deckungskreis des THH 2 die Deckung zu erreichen.

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Ertrag in Höhe von

 

Produktkonto /Teilhaushalt:

 

Aufwand in Höhe von

 

 

Erläuterungen zu den finanziellen Auswirkungen für das Folgejahr/ für Folgejahre (bei Bedarf):

 

Notwendige Mittel werden mit dem Doppelhaushalt 2018/2019 bereit gestellt.

3. Investitionsprogramm

x

Die Maßnahme ist keine Investition

 

Die Maßnahme ist im Investitionsprogramm enthalten

 

Die Maßnahme ist eine neue Investition

 

4. Die Maßnahme ist:

 

neu

x

freiwillig

 

eine Erweiterung

 

Vorgeschrieben durch:

 


Anlage/n:

Anlage 1 Widerspruchsbescheid Kreisumlage 2016

 

Anlagen:  
  Nr. Name    
Anlage 1 1 Anlage 1 - Widerspruchsbescheid Kreisumlage 2016 (548 KB)