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Begründung:
Die CDU-Fraktion erkundigt sich in der Anfrage BA/2016/1803 nach dem „Trend zur preiswerten Bestattung ohne Folgeverpflichtungen“ in einem Bestattungswald und bittet um Beantwortung der nachfolgenden drei Fragen.
1. Bietet die städtische Friedhofsverwaltung einem Bestattungswald vergleichbare Leistungen an und worin unterscheiden sich diese vom sogenannten Friedwald-Konzept?
Bestattungswälder
Bestattungswälder befinden sich in öfffentlich-rechtlicher Trägerschaft, werden jedoch von privaten Gesellschaften (z. B. Ruheforst GmbH, FriedWald GmbH, Waldfrieden und Küstenfrieden GmbH u.a.) betrieben. Der jeweilige Wald erhält den Status eines Friedhofsgeländes mit der Gewähr, langfristig als Bestattungsort geschützt zu sein. Ein Bestattungswald verfolgt das Konzept, Urnenbeisetzungen in größtmöglicher Naturnähe zu gewähren. Bedingung ist, dass die Urnenbehälter aus verrottbarem Material sind und somit zeitnah komplett in das Erdreich übergehen können. Die vollständige Pflegefreiheit dieser Grabform beinhaltet zugleich ein Verbot für jeglichen Grabschmuck, wie z. B. Grabstein, Kerzen, Bepflanzung und Gestecke. In diesen Wäldern gibt es naturgemäß keine befestigten Wege und Flächen sowie natürlich keinen Winterdienst. Die Gewährung der Verkehrssicherheit in Hinblick auf Baumpflege erfolgt vorrangig entlang der Hauptwege. Es gibt sehr reduzierte Sitzmöglichkeiten und keine sanitären Einrichtungen. Dadurch fallen für Bestattungswälder geringere Unterhaltungskosten als für Friedhöfe an. Aufgrund der Privatwirtschaftlichkeit arbeiten Bestattungswälder maximal gewinnorientiert, weshalb die Preise für Baumgräber variabel angepasst werden können. Je nach Betreiber werden Bäume für 20 oder bis zu 99 Jahre vergeben. Die Preiskategorien sind äußerst vielfältig und variieren nach derzeitigem Erkenntnisstand zwischen 410,00 € und 7.200,00 € (Quelle: www.waldfriedenamsee.de).
In unmittelbarer Umgebung von Wismar – jeweils etwa 25 km entfernt - befinden sich die Bestattungswälder Grevesmühlen und Wiligrad. Zudem existieren weitere Bestattungswälder am Schweriner Ziegelsee, im Herzogtum Lauenburg sowie in der Rostocker Heide (siehe Anlage).
Friedhof Wismar
Gemäß § 14 Absatz 1 Bestattungsgesetz M-V haben die Gemeinden Friedhöfe (Gemeindefriedhöfe) einzurichten und zu unterhalten. Die Einrichtung eines Friedhofs erfolgt also in Wahrnehmung einer hoheitlichen Aufgabe.
Außerdem stellen Friedhöfe im Gegensatz zu Bestattungswäldern ein Kunst- und Kulturgut dar und legen ein wichtiges Zeugnis über die vergangene und gegenwärtige Gesellschaft ab. Weiterhin sind Friedhöfe wichtige soziale Orte der Begegnung und Kommunikation.
Der Friedhof der Hansestadt Wismar wurde 1831 kirchlich geweiht und ist damit 185 Jahre alt. Seit 1986 steht er aufgrund seiner gestalteten Anlage in der gesamten Fläche unter Denkmalschutz. Weiterhin wurden zahlreiche Friedhofsgebäude und Grabstätten als Einzeldenkmale eingestuft. Der Friedhof ist geprägt durch ein großes Wegenetz, klar definierte Grabfelder, einen wertvollen Baumbestand, Hecken und freiwachsende Gehölze, Rabatten, Rasen und Wiesenflächen. Auch die Möglichkeit, direkt am Ort nach einer Trauerfeier die Beerdigung durchführen zu können, stellt eine hohe Qualität dar. Die Friedhofsanlage wird permanent gärtnerisch gepflegt und als eine hochwertige Parkanlage unterhalten. Für den gesamten Friedhofsbereich wird die Verkehrssicherheit (hinsichtlich Wege, Bäume, Grabsteine usw.) gewährleistet. Durchschnittlich werden jährlich ca. 500 Beerdigungen auf dem traditionsreichen Friedhof der Hansestadt Wismar durchgeführt.
Der ca. 22 ha große Friedhof liegt im südlichen Stadtgebiet, etwa 2,5 km vom Zentrum entfernt. Es bestehen gute Anbindungen durch den ÖPNV und die zentrumsnahe Lage ermöglicht vielen Besuchern das Erreichen per Fahrrad oder per pedes. Ob seiner Ausdehnung und dem steten Rückgang von Beerdigungszahlen stehen derzeit ca. 10.000 freie Gräber für zukünftige Beerdigungen zur Verfügung.
Aufgrund der deutlichen strukturellen Veränderungen auf dem Friedhof wird die Nutzung und Gestaltung der freigewordenen Flächen einer grundlegenden Friedhofsentwicklungsplanung unterzogen.
Baumbeisetzungen auf dem Friedhof Wismar
Seit dem 01.01.2014 werden auf geeigneten Flächen auch auf dem Wismarer Friedhof Baumbeisetzungen angeboten. Bis dato wurden insgesamt 138 Baumbeisetzungen durchgeführt. Die Bäume werden gemäß der Ruhezeiten für Urnen für 20 Jahre vergeben – eine Verlängerung ist möglich. Einerseits bestehen Einzelbaumgräber für ein bis vier Urnen. Dort darf kein Grabstein am Baum abgelegt werden, eine dezente Namensnennung und Steckvasen sind gestattet. Die Gebühren belaufen sich derzeit auf 1.520,00 €. Weiterhin werden Baumgemeinschaftsanlagen um einen Baum herum angeboten. Bei diesem Modell können ein bis zwei Urnen beigesetzt werden. Ein Grabstein sowie Steckvasen sind zulässig. Die Gebühr beträgt z. Z. 1.030,00 €.
Für die Wismarer Grabmodelle herrschen „Festpreise“, unabhängig von Art, Alter und Lage des Baumes. Das vereinfacht das Auswahl- und Entscheidungsverfahren für den Grabnutzer deutlich.
Die Hansestadt Wismar ist daran gehalten, die historische Friedhofsgestaltung und deren Strukturen zu bewahren. In diesen Rahmen lassen sich zeitgemäße Grabmodelle betten, ohne in Konflikt mit dem Denkmalschutz zu treten. Gleichwohl sind den Baumbestattungen Grenzen auf dem Friedhof gesetzt. Zum einen muss temporär auf ein Modell verzichtet werden, bis geeignete Flächen und Bäume durch den Wegfall alter Grabmodelle wieder neu genutzt werden können. Zum Anderen kann, soll und wird sich der Friedhof nicht komplett in einen „Waldfriedhof“ verwandeln. Es gibt jedoch auf dem Friedhof Wismar ein abwechslungsreiches Angebot an pflegefreien Gräbern, die als Alternative angeboten werden können (siehe Frage 3).
Die Mitglieder der Bürgerschaft sowie des zuständigen Ausschusses (Verwaltungsausschuss) sind herzlich eingeladen, sich bei einem vor Ort Termin diese Modelle von der Friedhofsverwaltung erläutern zu lassen.
Gegenüberstellung Baumbeisetzungen in einem Bestattungswald und auf dem Friedhof HWI
| Bestattungswald | Friedhof HWI |
Allgemein: |
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Trägerschaft | öffentlich-rechtlich | öffentlich-rechtlich |
Betreiber | privat-rechtlich | öffentlich-rechtlich |
Kostenziel | Gewinnmaximierung | Kostendeckung |
Wege | Waldwege | teil- und vollversiegelt |
Winterdienst | nein | ja |
Sanitäre Einrichtungen | nein | ja |
Ausstattung (z. B. Bänke) | reduziert | ja |
Erreichbarkeit | außerhalb von Ortschaften PkW (z. T. ÖPNV) | Stadtgebiet Wismar PkW und ÖPNV |
Trauerräumlichkeiten vor Ort | nein | ja |
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Baumbeseitzungen: |
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möglich | ja | ja (begrenzte Kapazität) |
Verfügbarkeit | 20-99 Jahre | 20 Jahre inkl. Verlängerung |
Einzel- und Gemeinschaftsbäume | ja | ja |
Anzahl Urnen | 1 bis 12 | 1 bis 4 |
Preise (nur für Grabnutzungen) | abhängig von Betreiber, Grab-modell und Baum (Art, Alter, Lage) | abhängig von Grabmodell |
Grabmodelle | Einzel- oder Partnerbaum je nach Betreiber: ab 410,00 (für 1 Urne) bis 5.850,00 € (für 2 Urnen) | Urnenwahlgrab am Baum für 1 bis 4 Urnen 1.520,00 €
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| Familien- oder Freundschafts-baum für bis zu 12 Urnen ab 3.350,00 € bis 7.200,00 € | Baumgemeinschaft mit Urnen-wahlgräbern für 1-2 Urnen 1.030,00 € |
Grabschmuck | nein | ja |
Namenskennzeichnung | ja | ja |
Baumgarantie | Ersatzpflanzung | Ersatzpflanzung |
Baumpflege | eingeschränkt | ja |
Erwerb ohne Beisetzung | ja | ja |
2. Welche Grundstücke hält die Friedhofsverwaltung grundsätzlich für die Einrichtung eines Bestattungswaldes nach dem Friedwald-Konzept für geeignet bzw. welche Voraussetzungen müssten hierfür gegebenenfalls noch erfüllt werden, um dies zu ermöglichen? Bitte detailliert für die einzelnen Grundstücke beantworten.
Der Friedhofsverwaltung unterstehen lediglich die Grundstücke des städtischen Friedhofs (Flur 1, Flurstücke 2472/2 und 2720/5), des Soldatenfriedhofs an der Rostocker Straße (Flur 1, Flurstücke 5062 und 5087/3) sowie des Friedhofs für die Gefallenen der Sowjetunion an der Philipp-Müller-Straße (Flur 1, Flurstück 2891/2).
Aus den allgemein zugänglichen Veröffentlichungen der großen Vielfalt von Anbietern wurden hinsichtlich der verschiedenen Betreiber und der Vertragsmodellen u. a. folgende Grundbedingungen für die Einrichtung eines Bestattungswaldes herausgefunden:
z. B.:
– Flächengröße: 10 – 30 ha
– keine Hanglage mit Steigung > 25 %
– Anbindung an öffentliche Straße
– Parkplätze müssen vorgehalten werden
– Änderung des Flächennutzungsplans
Die Frage nach der Notwendigkeit eines weiteren Bestattungswaldes kann vor dem Hintergrund der hohen Dichte bereits bestehender Bestattungswälder, dem Vorhandensein von Grabkapazitäten sowie dem adäquaten Angebot auf dem Wismarer Friedhof verneint werden.
Zudem soll an dieser Stelle auf die möglichen Folgen eines weiteren Bestattungswaldes für den Friedhof Wismar und seiner Nutzer hingewiesen werden:
Die Grabnutzungsgebühren des Wismarer Friedhofs stellen einen bedeutenden Ertrag dar, der den Aufwendungen für die Bereitstellung und Unterhaltung der Friedhofsanlagen gegenübersteht. Die hohen Unterhaltungskosten für den Friedhof und seine Gebäude werden kostenanteilig auf die Nutzer übertragen. Es sollte ein Bestreben für die Hansestadt Wismar und ihre Bürger und Bürgerinnen sein, die Bestattungszahlen auf dem Friedhof zu gewährleisten. Eine Reduzierung der Einnahmen bzw. Erträge würde zum einen die verbliebenen Friedhofsnutzer durch Gebührenerhöhungen und zum anderen die Allgemeinheit wesentlich stärker belasten.
Es ist im Sinne der Hansestadt Wismar und seiner Bewohner, auf dem vorhandenen Friedhof ein abwechslungsreiches Grabangebot zu gewährleisten und darüber zu informieren. Hier sind Qualitäten, wie z. B. gute Erreichbarkeit, individuelle Grabgestaltung und ein Sicherheitsempfinden durch das Vorhandensein anderer Friedhofsbesucher zu finden.
3. Gibt es andere alternative Bestattungsformen auf dem Gelände des Wismarer Friedhofes bzw. sind welche für die Zukunft angedacht?
Auf dem Wismarer Friedhof können Urnen und Särge beerdigt werden. Die Nutzungszeiten betragen für Urnen 20 und für Erdbegräbnisse 25 Jahre – für Kinder bis 6 Jahre 15 Jahre und Stillgeborene 4 Jahre.
Neben den „klassischen“ Grabformen, die vom Nutzungsberechtigten eigenständig zu pflegen sind, wird eine große Vielfalt an pflegefreien Grabmodellen angeboten:
Grabart /-modell
| Pflege | Gebühren |
Erdgrab (1- bis 8-stellig) (Reihen- und Wahlgräber)
| eigenständig durch Nutzungsberechtigten | 615,00 € - 1.780,00 € |
Urnengrab (1-4 Urnen) (Reihen- und Wahlgräber)
| eigenständig durch Nutzungsberechtigten | 390,00 € - 650,00 € |
Kindergrab
| eigenständig durch Nutzungsberechtigten | 190,00 € |
Gemeinschaftsanlage für stillgeborene Kinder
| komplett durch Friedhof | 70,00 € |
Anonyme Erdgemeinschaftsanlage
| komplett durch Friedhof | 1.540,00 € |
Anonyme Urnengemeinschaftsanlage
| komplett durch Friedhof | 885,00 €
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Erdgräber in Rasen/Rabatte-Gemein-schaftsanlagen (1 Sarg + 1 Urne)
| komplett durch Friedhof | 3.990,00 € |
Urnengräber in Rasen/Rabatte-Gemeinschaftsanlagen (1-2 Urnen)
| komplett durch Friedhof | 2.550,00 € |
Urnengemeinschaftsanlage mit Namensnennung (für 12 Urnen und 26 Urnen)
| komplett durch Friedhof |
2.350,00 € 1.900,00 € |
Urnengemeinschaftsanlage am Baum (pro Grab: 1-2 Urnen)
| Entfernung Grabschmuck durch NB, Pflege Grab/Grün Friedhof | 1.030,00 € |
Urnengrab am Einzelbaum (1-4 Urnen)
| Entfernung Grabschmuck durch NB, Pflege Grab/Grün Friedhof | 1.520,00 € |
Bestattungsgarten „Zum Anker“ Gemeinschaftsanlage für Urnen- (1-4 Urnen) und Erdwahlgrabstätten (1 Sarg und 1-2 Urnen)
| Zusätzlicher Vertrag zur Dauergrabpflege mit Genossenschaft nötig → komplett durch beauftragte Friedhofsgärtner | Urnengrab: 442,00 € Erdgrab: 785,00 € zzgl. Pflegekosten von: 2.900,00 € bis ca. 6.500,00 € |
Abkürzungen: NB = Nutzungsberechtigter
Am 17.05.2016 wurde der Bestattungsgarten „Zum Anker“ auf dem Westfriedhof eröffnet. In dieser Gemeinschaftsanlage befinden sich insgesamt 74 Urnen- und 6 Erdwahlgräber. Um einen zentral aufgestellten Anker wurden unterschiedlich große Grabinseln angelegt. Zudem variieren die Grabinseln in Ausstattung und Pflegeintensität, wodurch verschiedene Preiskategorien entstanden. Die hochwertige Herstellung und Gestaltung erfolgte durch eine Arbeitsgemeinschaft von Privatfirmen (Steinmetze und Friedhofsgärtner) – die langfristige Pflege wird von einer Genossenschaft gewährleistet. Diese Grabanlage ist für die Hinterbliebenen damit komplett pflegefrei. Vom Friedhof werden „normale“ Wahlgräber vergeben, in denen jedoch nur eine Beerdigung erfolgen kann, wenn ein Dauerpflegevertrag mit der Genossenschaft vorliegt. Damit wird die hohe Qualität der Grabanlage bis zum Ende der Ruhefristen gesichert. Jede Grabstätte ist mit einem Grabstein ausgestattet, wodurch den Hinterbliebenen ein definierter und „eigener“ Ort der Trauer ermöglicht wird.
Anlage/n:
Darstellung Wismar / Bestattungswälder, Stand: 2016
Anlagen: | |||||
Nr. | Name | ||||
1 | BA/2016/1803-01_Anlage_Lageplan (326 KB) |
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